Stell dir vor, du wärst arm

Wir haben eine klare Vorstellung von armen Menschen: Sie sitzen in zerlumpten Kleidern am Strassenrand und strecken uns mit flehendem Blick einen Plastikbecher für eine Geldspende entgegen. Oder sie schieben einen mit ihren wenigen Habseligkeiten beladenen Einkaufswagen vor sich her, wühlen in Abfallkörben nach Verwertbarem. Doch das Gesicht der Armut ist vielfältiger und macht auch vor Kindern nicht halt. Armut zeigt sich schon mit dem Schuhekauf, wenn Markenschuhe neben Billigstfabrikaten im Schuhgestell der Schule stehen. Armut wird für Kinder spürbar, wenn sie als Einzige den Beitrag für das Klassenlager noch immer nicht bezahlt haben. Armut tut weh, wenn Teens erleben, wie andere in der Klasse nicht einmal bis zum Geburtstag warten müssen, um das neueste Handy geschenkt zu bekommen. Die Generation „haben will“, gestützt durch Leasing und Billigkredite, vernebelt bisweilen Grenzen, die Kinder dann im Alltag besonders schmerzlich zu spüren bekommen.

Für solche Grenzen, solche Alltagserfahrungen sensibilisiert eine neue Multimedia-DVD, die in diesen Tagen bei Relimedia erschienen ist. Sie zeigt nicht mit dem Finger auf sozial Schwächere, sie kommt nicht mitleidweckend daher. Sie öffnet die Augen, schärft das Bewusstsein für den Umgang mit Besitz und Reichtum, auch wenn er noch so klein und noch so selbstverständlich ist. Die DVD macht bewusst, wie schnell ein Kind „arm“ werden kann: bei alleinerziehenden Müttern und Vätern, in Fällen von Arbeitslosigkeit und lang anhaltender Krankheit. Was das Lernmedium aber besonders interessant macht, ist die Tatsache, dass sie sich nicht auf Armut als Thema beschränkt. Kinder und Erwachsene werden eingeladen, eine Grundfrage zu stellen und persönlich zu beantworten: Was brauche ich zum Leben?

Der Film zur Armut hat bei mir etwas ausgelöst. Ich trage die Frage mit mir herum: Was brauche ich zum Leben?

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