Darüber sollten wir sprechen… Rassismus und Antisemitismus als Thema in Unterricht und Gemeindearbeit

Die Themen Rassismus und Antisemitismus sind in letzter Zeit wieder stark in den Fokus gerückt. Zum Teil liegt das daran, dass das Bewusstsein für rassistische Übergriffe oder Diskriminierungen gewachsen ist. Ein anderer, trauriger Grund sind rassistische Vorfälle, die sich nach wie vor ereignen, und antisemitische Übergriffe, die in den letzten Monaten zugenommen haben.

Über Rassismus, über Antisemitismus zu sprechen ist wichtig und dringend nötig. Es verlangt jedoch Sensibilität. Zunächst einmal, um rassistische Verhaltensweisen – bei anderen und bei sich selbst – überhaupt zu erkennen. (War das jetzt rassistisch?) Und dann auch, um die Gesprächspartner und -partnerinnen nicht zu überfordern und womöglich das Gegenteil von dem zu erreichen, was man beabsichtigt.

Wie können in Kirche und Unterricht Tätige diese Themen sinnvoll ansprechen, gerade wenn sie das Gefühl haben, damit heisse Eisen zu berühren? Wie können Lehrpersonen reagieren, wenn Schülerinnen und Schüler von rassistischen und/oder antisemitischen Ressentiments betroffen sind oder solche verbreiten? Und wie können Lehrpersonen ein Klima schaffen, in dem Kinder und Jugendliche wissen, dass hier wirklich jede*r einen Platz hat?

Als Medienstelle können wir den Unterrichtenden diese herausfordernde Aufgabe nicht abnehmen. Wir haben jedoch eine ganze Anzahl von Medien im Angebot, die die Thematik von Rassismus und Antisemitismus sensibel und differenziert aufgreifen.

Eine Auswahl finden Sie auf unseren Themenlisten Rassismus und Antisemitismus_Holocaust.


Anregungen für Lehrpersonen

Speziell erwähnen möchte ich den von Lehrkräften für Lehrkräfte verfassten Ratgeber
–         Anti-Rassismus für Lehrkräfte.
Die Leser*innen werden mit Hilfe von Fallbeispielen und Übungen Schritt für Schritt zu einer bewussteren Wahrnehmung von rassistischen Denkweisen und Strukturen geführt und erhalten Impulse, wie sich im Schulkontext (und ähnlich im Kontext Kirche) eine antirassistische Haltung einüben lässt. Vorwissen oder Vorkenntnisse braucht es für die Lektüre keine, nur Offenheit.

Dem Thema Rassismus und Rassismuskritik in der Religionspädagogik widmet sich die neueste Ausgabe der Zeitschrift
–         Religion 5–10 2/2024.
Die Nummer trägt den Titel «Rassismus – was hat das mit Religion zu tun?» In Unterrichtsentwürfen wird nach einer rassismussensiblen Schule gefragt und ein Beispiel von rassismuskritischem Rap vorgestellt. Es werden aber auch Gottesbilder und klassische Figuren der Weihnachtskrippe kritisch unter die Lupe genommen und auf Stereotype hin befragt.


Kurzfilme und didaktische Medien

Neben Büchern, Arbeitshilfen und Zeitschriften gibt es diverse Filme, die sich mit der Thematik befassen. Einige davon möchte ich kurz vorstellen:

Zu einer Annäherung ans Thema Rassismus verhilft das Medium aus der Reihe Willi macht Schule
–         Rassismus – Ein Diskurs : Rassismus in unserem Alltag.
Unter Mitwirkung von Betroffenen und Fachleuten werden v. a. die alltäglicheren Formen von Rassismus und die Wirkung, welche diese auf den Einzelnen haben, beleuchtet. Ergänzend dazu wirft
–         Vorsicht: Extremismus!
aus derselben Reihe einen Blick auf politische Formen und Auswirkungen von Rassismus und Extremismus. Beide Medien regen mit ihren Filmen und Filmausschnitten und mit zahlreichen Arbeitsblättern zur Diskussion an.

Die vom Medienprojekt Wuppertal produzierte Filmreihe
–         Alltagsrassismus
setzt direkt im Lebens- und Schulalltag von Jugendlichen an. In zwei Blöcken («Ich geh dazwischen» und «Bruder, Bruder, Bruder») sprechen diese über ihre Erfahrungen. Dieselben Jugendlichen haben einen Kurzfilm zum Thema gedreht («Su»), der ebenfalls auf der DVD zu finden ist.

Kurzfilme animieren zum Nachdenken, zum Diskutieren und zum Austausch über eigene Erfahrungen. Drei Beispiele dazu finden sich auf dem Sampler
–         Rassismus.
Die individuelle Perspektive (z. B. im Film «Den Rest mach’ ich morgen») kommt ebenso in den Blick wie die gesellschaftliche oder politische Dimension (z. B. in «Alternativen»). Und es wird deutlich, wie beide Perspektiven miteinander verschränkt sind.

Um sich gegen rassistische Diskriminierung einzusetzen, braucht es
–         Respekt und Zivilcourage.
Das gleichnamige Medium enthält mehrere Filmclips, die ganz alltägliche Diskriminierungssituationen zeigen. Wie würde ich in einer solchen Situation reagieren? Als Zuschauerin? Als Betroffener? Ein kurzer Dokumentarfilm erläutert die Problematik. Grafiken und H5P-Interaktionen liefern wertvolle Verhaltenstipps.

Um verschiedene Arten von Diskriminierung geht es im Kurzfilm
–         Völlig meschugge?!
Die 11-jährige Charly hat es schwer in ihrer Klasse, weil sie sich für den Umweltschutz engagiert. Der 12-jährige Hamid, der mit seiner Familie aus Syrien geflüchtet ist, erlebt rassistische Ausgrenzung. Beide sind eng befreundet mit dem 11-jährigen Benny. Zu dritt behaupten sie sich gegen die Rowdys an ihrer Schule. Aber als Benny eines Tages eine Kette mit einem Davidstern trägt, die er von seinem Grossvater geschenkt bekommen hat, weiss Hamid nicht, wie er damit umgehen soll. Der Imam in Hamids Moschee wird zur Schlüsselfigur: Er hilft Hamid, dessen älterer Bruder eine radikale Linie vertritt, zu einer eigenen Meinung und Haltung zu finden.


Auseinandersetzung mit der Geschichte

Der Blick in die Geschichte ist wichtig, um Antisemitismus und andere Arten der Ausgrenzung und Gewalt zu erkennen und frühzeitig einzugreifen.

Der Kurzspielfilm
–         Stillleben
ruft anhand des Themas der sog. «entarteten Kunst» die Barbarei der NS-Zeit in Erinnerung. Der Film zeigt Möglichkeiten auf, wie man angesichts eines Unrechtsregimes Widerstand leisten kann. Ein eindrückliches Beispiel dafür ist der Hausmeister der Hamburger Kunsthalle (Wilhelm Werner), der zwischen 1937 und 1945 in zivilem Ungehorsam Kunstwerke, die zur Zerstörung bestimmt waren, in Sicherheit brachte.

Der bewegende Dokumentarfilm
–         Fragt heute : Batsheva Dagan
begleitet eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Magdeburg, die zusammen mit der – erst kürzlich verstorbenen – Holocaust-Überlebenden Batsheva Dagan das Staatliche Museum Auschwitz-Birkenau besichtigen. In den Lern- und Zusatzmaterialien zum Film findet sich unter vielen wertvollen Informationen und Anregungen eine Reflexion über die pädagogische Herausforderung, das Thema Holocaust im Unterricht zu behandeln.

An den Schauplatz der Verbrechen der Nazizeit führt auch der Spielfilm
–         Delegation
des israelischen Regisseurs Asaf Saban, der darin auf seine eigenen Erfahrungen als 17-Jähriger Bezug nimmt.
Die Klasse der drei Freunde Nitzan, «Frischi» und Ido fährt nach Polen, um dort die Gedenkstätten ehemaliger deutscher Vernichtungslager zu besuchen. Die Erlebnisse, die die jungen Menschen auf dieser Reise machen, sind teilweise belastend, ja überfordernd, teilweise aber auch ganz anders als von den leitenden Lehrerinnen und Lehrern intendiert. Nicht immer empfinden die Jugendlichen die erwartete Erschütterung – was sie wiederum verunsichert. Die zufälligen, ungeplanten Momente «zwischen einem Denkmal und einem anderen» (Asaf Saban) haben ebenfalls ihre Wichtigkeit: Erfahrungen von Freundschaft, erster Liebe und ausgelassenem Feiern. Der Film kombiniert diese Gegensätze auf mutige und einfühlsame Weise. Umfangreiche Lernmaterialien bieten Hand für eine vertiefte Beschäftigung mit den Themen Antisemitismus, NS-Zeit, Holocaust.

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