Sind Sie auch nicht kriminell?
In Zeiten terroristischer Bedrohung ist es nachvollziehbar, wenn Menschen dem Staat ihre Zustimmung zu verstärktem Einblick in ihre persönlichen Daten gewähren. „Ich habe nichts zu verbergen“, höre ich in der Diskussion. Oder: „Wer nicht kriminell ist, kann seine Daten ruhig offenlegen.“ Gleichzeitig schreckt die Nachricht über das Datenhacking bei Yahoo auf: Persönliche Daten und Passwörter tausender Benutzer gelangten in die Hände von Unbekannten. Es gibt offensichtlich keine ausreichende Serversicherheit, keine Geheimnisse, die nicht von Hackern offengelegt werden können. Es muss aber gar kein Hacking sein: Internetgiganten wie Google und Facebook sammeln Informationen ihrer Nutzerinnen und Nutzer, die weiterverkauft oder zu – bezahlten – Werbezwecken genutzt werden. Und das alles mit unserer Zustimmung.
In dieses Szenario hinein stellt der mit dem Studenten-Oscar in Gold ausgezeichnete Kurzspielfilm „Invention of Trust“ seine fiktive Handlung. Der junge Gymnasiallehrer Michael Gewa erhält eine rätselhafte Nachricht: Das Unternehmen „b.good“ hat seine Internet- und Handydaten gekauft und stellt ihm aufgrund seines digitalen Fingerabdrucks ein Rating aus – über seine persönlichen und beruflichen Fähigkeiten, über seine Beziehung, über seine Finanzen. Nachdem er das Angebot ausschlägt, das Rating gegen einen monatlichen Betrag von 149 Euro privat zu halten, entsteht schnell ein Flächenbrand, und Michael Gewa muss bei seinen Freunden, Kollegen und Schülern um seinen Ruf kämpfen – und bei sich selbst um sein verletztes Vertrauen in seine Mitmenschen.
„Alle klassischen Vertrauensverhältnisse gehören der Vergangenheit an“, sagt ein Experte in einem Interview des Spielfilms. Dieser Satz zieht sich wie ein roter Faden durch den ganzen Film. Und es ist genau dieser Satz, der mir die Dramatik des Themas bewusst macht. Wenn ich permanent registriert, kontrolliert und überwacht werde (und damit ist nicht primär der Staat gemeint), wenn meine persönlichsten Daten und Verhaltensweisen inklusive meines Rechercheverhaltens jederzeit in die Hände anderer gelangen können, dann entsteht daraus Misstrauen, dann wird ein grundlegendes Vertrauensverhältnis zwischen den Menschen gestört oder sogar zerstört. Hier rührt der Film fundamentale christliche und gesellschaftliche Werte an, hier fordert der Film unsere Stellungnahme, unsere Position und letztlich unser kritisches Verhalten.
„Invention of Trust“ eignet sich hervorragend, um mit Jugendlichen, aber auch mit Erwachsenen in Bildungseinrichtungen und Kirchgemeinden einen bewussten Umgang mit modernen Medien zu reflektieren. Das umfangreiche Begleitmaterial der DVD erleichtert dabei die Arbeit.
Der Film „Invention of Trust“ ist in Verleih, Verkauf und als Gratisdownload bei Relimedia erhältlich.
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